Meeting vom 21. Juli 2009 in der Region Kirchberg

Besichtigung der Emme-Aufweitung Kirchberg-Lyssach

Verdankenswert ist die Idee unseres Präsidenten, Fred Bütikofer, uns den Abschnitt Emme-Aufweitung in den Gemeinden Kirchberg und Lyssach, fertiggestellt letztes Jahr, live vortragen zu lassen. Es handelt sich um einen, von zahlreichen Abschnitten der Emme, in welchem die für die Hochwassersicherheit im Emmental entscheidende Verbesserung des Verbauungsprojektes aus dem vorletzten Jahrhundert  tatkräftig an die Hand genommen wird.

Als  Referent war André Dällenbach engagiert, der im damaligen Ingenieurbüro Stebler, Burgdorf, in den Jahren 1991 bis 1999 bereits an der ersten Aufweitung Aefligen-Utzenstorf beteiligt war. Dieses Ingenieurbüro hat die Pläne für die Baupublikation erarbeitet und den Bau geleitet. Die hydraulischen Grundlagen hat die Ingenieur-Gemeinschaft Hunziker, Zarn und Partner in Aarau erarbeitet.  Der Referent  vermittelte uns einen kurzen Rückblick in die Geschichte  des Kampfes der Emmentaler gegen die lebensbedrohenden Überflutungen. Die Zunahme der Bevölkerung führte bereits im frühen 16. Jahrhundert zur Landnahme durch Einschläge im Auenwald an den, früher gemiedenen Flussufern. Dies hatte  eine obrigkeitlich verordnete Schwellenpflicht für die Bewohner des Schachens zur Folge, der diese aber kaum zu genügen vermochten. Gotthelf hat die Not der vom Hochwasser vom 13.August 1837 arg betroffenen Menschen mit aufrüttelnden Worten drastisch geschildert. Betroffen waren auch die Verkehrswege, denn nur wenige Brücken haben dieses Hochwasser überstanden. Die lokal ausgeführten Verbauungen wurden bei kräftigen Hochwassern oft zerstört. Der „Eggiwilfuerme“ brachte eine Menge Holz und insbesondere Geschiebe, welches die Flusssohle anhob und damit die Überschwemmungsgefahr laufend erhöhte. Erst mit dem eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetz von 1877 konnte auch der Bund finanzielle Unterstützung leisten, womit  koordinierte Verbauungsarbeiten von der Solothurner Kantonsgrenze bis vorläufig nach Emmenmatt gemäss kantonalem Projekt in Angriff genommen wurden. Durch Verringerung der Gerinnebreite von oben nach unten und zwar entsprechend dem, von oben nach unten abnehmenden Gefälle  wurde aufgrund von Beobachtungen angestrebt, die Schleppkraft des Flusses derart zu steuern, dass sich die Flusssohle nicht anheben sollte. Das plangemässe Profil umfasste das Hauptgerinne für mittlere Hochwasser; extreme Hochwasser werden über die Vorländer, durch Schutzdämme begrenzt, abgeleitet. Im Laufe der Jahrzehnte reduzierten Verbauungen in den Oberläufen den Geschiebeeintrag. Zudem begünstigte das empfindliche Gleichgewicht den Abtrag, sodass sich die Flusssohle eingetieft hat und zwar derart, dass die Uferverbauungen und Widerlager der Brücken einsturzgefährdet wurden. Um dieser Entwicklung zu begegnen wurden bis in den 80-er Jahren rund 80 Quersperren in der Emme eingebaut. 1982 legte die Fischerei-Pachtvereinigung aufgrund von Beobachtungen über den Rückgang des Fischbestandes einen Zustandsbericht vor, in welchem das damalige Konzept der Emmeverbauungen in Frage gestellt wurde. Sohlenabsenkungen wirken sich auch nachteilig auf den Grundwasserhaushalt aus. Dass die ordentlichen Abstände der Querschwellen von einem Kilometer nicht mehr genügten, in manchen Abschnitten die Sohlenerosion aufzuhalten, beschäftigte auch die, für den Hochwasserschutz verantwortlichen Wasserbauer im Oberingenieurkreis. 1985 wurde daher mit dem Einverständnis des Bundes der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie an der eidg. technischen Hochschule in Zürich zusammen mit dem Geographischen Institut der Universität Bern der Auftrag erteilt, das Ungleichgewicht im Geschiebehaushalt der Emme zu korrigieren. Gleichzeitig sollten auch die oekologischen Randbedingungen für die Fische und andere Tiere sowie die Pflanzen verbessert werden.
Aufweitungen des Gerinnes sind die vorgeschlagenen Massnahmen, welche  die Fliessgeschwindigkeit und damit  die Schleppkraft reduzieren. Aufweitungen fördern naturnahe Gerinneformen und begünstigen vielfältige Lebensräume an und im Wasser. Sie bewirken aber auch eine Aufwertung der Flusslandschaft als Naherholungsgebiet. Die heutige Gerinnebreite von 30m wird nahezu verdoppelt. Verschiedenartige Fragen zeigten dem Referenten, dass seine Ausführungen über die Umsetzung der Forschungsarbeiten der ETHZ und der Universität Bern durch ein Bauprojekt auf reges Interesse gestossen sind. Die gesamte Aufweitung über eine Länge von 850m, zu Kosten von Fr 800'000 gewährleistet den Hochwasserschutz, dient Fauna und Flora und bietet obendrein ein allseits geschätztes Naherholungsgebiet. Unsere Begehung zeigt, dass hier ausgehend von wissenschaftlichen Grundlagen mit bautechnischer Fachkompetenz und angemessener Zurückhaltung bei der Realisierung von Ansprüchen eine sinnvolle Investition von Steuergeldern gelungen ist.

Aufnahme im November 2008

Standort: linkes Ufer, ca. 200 m unterhalb des Elsässerwehrs, Blickrichtung Emmeabwärts

Berichterstatter

L Konrad Meyer-Usteri